Obstwiesen – Element unserer Kulturlandschaft

Obstwiesen sind ein wesentlicher Bestandteil unserer niederrheinischen Kulturlandschaft. Als „historische“ Form der Obsterzeugung dienten sie für den  Eigenbedarf sowie der industriellen Verarbeitung zu Saft und Obstkraut.

Hofnahe Obstwiesen, im Rheinland als Bongerte (Baumgärten) bekannt, dienten neben der Versorgung mit Obst auch als stallnahe Weide für Federvieh, Schweine und Jungvieh.

Diese Flächennutzungskombination von Beweidung und Obstanbau ließ nur Hochstammanbau zu und bildete in dieser Form ein für Einzelhöfe und Dorfränder des Rheinlandes charakteristisches Landschaftselement.

Die Obstwiesen-Initiative

Aufgrund geänderter Verbrauchergewohnheiten wurden viele der ehemals verbreiteten Obstwiesen bereits aufgegeben, oftmals wurden sie überbaut oder werden als Pferdeweide genutzt.

Die dauerhafte Erhaltung des „grünen Kulturgutes“ Obstwiese ist das Ziel der Obstwiesen-Initiative. Dazu sind langfristige Nutzungskonzepte notwendig. Durch kooperative Partnerschaften (Liste PDF 67 KB) und die langfristige Sicherung der Nutzung werden durch die Biologische Station seit 1999 Obstwiesen mit mehr als 1200 Obstbäumen betreut. In zahlreichen Schnittkursen, Ortsterminen und Vorträgen wird eine breite Bürgerschicht für die Belange des Obstwiesenschutzes erreicht.

Nutzung statt Pflege

Bei der Planung neuer Obstwiesen ist die frühzeitige Einbindung des landwirtschaftlichen Betriebes, der zukünftig auch die langfristige Grünlandnutzung übernehmen soll, von großer Bedeutung. Nur wenn Flächenzuschnitt, Pflanzabstände, Flächengröße, Entfernung zur Betriebsstätte und weitere Parameter stimmen, kann unter heute herrschenden Marktbedingungen eine Wiesen- oder Weidenutzung funktionieren. In allen anderen Fällen tritt an die Stelle der Obstwiesennutzung eine kostenintensive und oftmals naturschutzfachlich wie auch ökonomisch nicht zielführende, dauerhafte Pflege. Hier bildet die Beweidung mit Schafen eine sinnvolle Alternative zu Mulchmahd oder Balkenmähereinsatz.

Seit der ersten von der Biologischen Station zusammen mit einem Ortslandwirt konzipierten und seit 2001 erfolgreich betreuten Obstwiese in Dormagen-Delhoven wurden die gesammelten Erfahrungen in zahlreichen weiteren Projekten berücksichtigt. Unter anderem wurden die Kenntnisse bei Obstwiesenneuanlagen im Rahmen der Kommunalen Ausgleichskonzepte der Städte Dormagen und Kaarst, im Zuge der EUROGA 2002+, für eine Fläche im KKLP sowie für eine am Gymnasium Jüchen im Rahmen des jährlichen Schulprojektes angewendet.

Obst ist nicht gleich Obst / Vielfalt und Masse (statt Klasse?)

Merkmale wie Nutzungszweck, Lagerfähigkeit, Reifezeitpunkt, Geschmacksrichtungen, Obstmenge sowie Baumeigenschaften haben bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts eine Fülle verschiedener Sorten entstehen lassen. Neben weit verbreiteten und regionalen Sorten entwickelten sich auch lokal bedeutsame Sorten aus. Ein großer Teil dieser Obstsorten verlor nach und nach an Bedeutung, da sich der Obstmarkt vom lokalen Handel immer mehr in Richtung internationaler Vermarktung entwickelte. Die rein an optischen Merkmalen orientierten Qualitätsstandarts der EU trugen weiter zum Verschwinden altbewärter Sorten bei.

Die Erhaltung der Vielfalt alter und insbesondere lokaler Obstsorten mit gutem Geschmack, guter Lagerfähigkeit im Keller und einer natürlichen Widerstandskraft gegen Krankheiten dient auch der Bewahrung von Kulturgut. Bei der Anlage neuer Obstwiesen und bei Nachpflanzungen sollte die Obstsortenwahl diesen Aspekt im Rahmen eines übergeorgneten Nutzungs- und Vermarktungskonzeptes berücksichtigen. So können bei entsprechender Sortenwahl und unter Berücksichtigung alter und lokaler Sorten, auch unter heutigen Marktbedingungen qualitativ hochwertiges Obst sowie andere Obstprodukte produziert werden.